Jean-Claude Juncker au sujet des comparaisons entre les secteurs financiers du Luxembourg et de Chypre

Marietta Slomka: Zypern ist, beziehungsweise war nicht der einzige attraktive Standort für Geldanleger. Auffällig ist, dass gerade kleine Länder häufig besonders große Bankenplätze sind. In Europa denkt man da neben Zypern an Malta, Irland, Lichtenstein und, nicht zu vergessen, Luxemburg. Luxemburgs Finanzplatz ist sogar besonders groß. Die Bilanzsumme aller Banken im Lande ist fast 22 Mal so groß wie die jährliche Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: in Deutschland ist sie nur 3 Mal so groß. Das erklärt wohl auch, warum der luxemburgische Außenminister so scharf reagiert, wenn von deutscher Seite das zyprische Geschäftsmodell kritisiert wird. Da fühlt sich Luxemburg mit angegriffen. Darüber will ich jetzt mit dem luxemburgischen Premierminister und früherem Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sprechen. Guten Abend, Herr Juncker.

Jean-Claude Juncker: Guten Abend, Frau Slomka.

Marietta Slomka: Ihr Außenminister fühlt sich von Deutschland bevormundet. Darf man annehmen, dass Sie das als Regierungschef genau so empfinden?

Jean-Claude Juncker: Ich fühle mich von Deutschland nicht direkt angegriffen, weil die Parallelen die zwischen den Bankplätzen Zypern und Luxemburg gezogen werden, die treffen nicht zu. Es gibt keine Parallelen zwischen Zypern und Luxemburg. Und wir lassen uns auch keine Parallelen aufzwingen.

Marietta Slomka: Warum ist denn dann Herr Asselborn, Ihr Außenminister, so verärgert? Er warnt ja sogar vor einem deutschen Europa – das ist in deutschen Ohren schon ziemlich starker Tobak.

Jean-Claude Juncker: Ich bin der Auffassung, dass Deutschland ein europäisches Land ist wie die anderen auch. Ich habe keine Zweifel an dem Europa-Willen Deutschlands anzubringen, aber es hat in mehreren deutschen Parteien Zwischenzungenschläge gegeben, die uns nicht gefallen haben. Insofern war diese Reaktion zu erwarten. Aber ich halte dies nicht für einen bleibenden Zustand.

Marietta Slomka: Wir hatten aber den Eindruck, dass jetzt der luxemburgische Außenminister nicht in die Vergangenheit geblickt hat, also was zum Beispiel bayrische CSU-Politiker über Griechenland gesagt haben, sondern dass es wirklich jetzt um diese Verhandlungen um Zypern ging. Es stört Sie doch, dass nun Bankkunden mit zur Kasse gebeten werden?

Jean-Claude Juncker: Es stört mich, wenn man so tut als ob die Art und Weise wie das Zypern-Problem zu lösen versucht wurde, als Blaupause für zukünftige Rettungspläne gilt. Das zypriotische Problem ist ein Sonderproblem, Zypern ist ein Sonderfall, die dortigen Probleme und Herausforderungen sind riesengroß. Und andere Finanzplätze in Europa, und andere Länder, kennen diese Probleme nicht.

Marietta Slomka: Das heißt, sie finden, dass Ihr Nachfolger als Eurogruppenchef da ziemlichen Mist gebaut hat? Er hat ja gesagt, das sei eine Blaupause.

Jean-Claude Juncker: Also, ich sage es ist keine Blaupause. Wir dürfen den Eindruck nicht geben, als ob es zukünftig so wäre, dass Spareinlagen in Europa nicht sicher wären. Wir dürfen nicht den Eindruck geben, als ob Investoren ihr Geld nicht in Europa anlegen sollen. Dies schadet dem Gesamtfinanzplatz Europa, insofern sollte man diesen Eindruck tunlichst vermeiden.

Marietta Slomka: Aus Steuerzahlersicht scheint das gar nicht einmal so ungerecht. Wenn man natürlich einen großen Bankenplatz hat wie Luxemburg, dann kann das bedrohlich klingen.

Jean-Claude Juncker: Ach, und das wäre auch bedrohlich für deutsche Sparer. Wenn in Deutschland plötzlich eine Lösung zustande käme, wo Kleinsparer praktisch zwangsenteignet würden, dann würde das dem deutschen Publikum ohne jeden Zweifel nicht gefallen. Das ist nun wirklich kein typisch luxemburgisches Problem.

Marietta Slomka: Aber Luxemburgs Abhängigkeit vom Bankensektor ist schon extrem groß. Also wir haben ja eben gehört, 22 Mal so groß wie Ihre Wirtschaftsleistung. Macht Ihnen das nicht manchmal Sorgen?

Jean-Claude Juncker: Mir macht vieles Sorgen, aber dieser spezielle Hinweis ist keiner der mir besondere Sorgen bereiten würde, weil der Finanzplatz Luxemburg ist völlig anders aufgestellt als der Finanzplatz Zypern das war, muss man wohl sagen.

Wir legen nicht alle Eier in einen Topf, wir locken nicht russische Gelder mit hohen Zinssätzen nach Luxemburg. Der luxemburgische Finanzplatz ruht auf mehreren Säulen. Wir zeichnen uns durch die Breite unserer Produktpalette aus. Wir sind am internationalen Kreditgeschäft intensiv beteiligt. Es gibt in Luxemburg Investitionsfonds, die in 70 Ländern der Welt investieren.

Insofern ist Luxemburg ein internationaler Finanzplatz, und den darf man, wenn es um seine Stabilität geht, nicht an der Größe des Bruttoinlandproduktes messen, sondern an den eigenen Stabilitätswerten. Die Eigenkapitalquote luxemburgischer Banken beläuft sich im Durchschnitt auf 17%.

Das war in Zypern nicht der Fall. Diese Parallelen gibt es also nicht, also sollte man sie auch nicht ziehen.

Marietta Slomka: Aber wieso spricht denn dann der Präsident der luxemburgischen Bankenvereinigung, Herr Contzen, davon, dass Luxemburg sich nicht länger auf den Bankensektor verlassen könne, der es dem Land erlaubt über seine Verhältnisse zu leben?

Jean-Claude Juncker: Also, unabhängig davon dass ich nicht denke, dass Luxemburg über seine Verhältnisse lebt, ist es so, dass Luxemburg, wie jedes andere Land auch, maximales Interesse an der Diversifizierung seiner Wirtschaftsstruktur und Infrastruktur hat. Daran arbeiten wir.

Und es ist nicht so, dass Luxemburg einseitig vom Finanzplatz lebt. Luxemburg ist auch ein Industriestandort. Das ist vielen nicht bekannt, deshalb lade ich viele nach Luxemburg ein, um sich das vor Ort anzusehen.

Marietta Slomka: Herr Juncker, danke für das Gespräch.

Jean-Claude Juncker: Ich bedanke mich.

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