Interview von Xavier Bettel im Luxemburger Wort

"Wir ducken uns nicht weg"

Interview: Luxemburger Wort (Michèle Gantenbein)

Luxemburger Wort: Xavier Bettel, der Journalistenverband beklagt, dass die Pressefreiheit stark eingeschränkt ist und die Regierung nur spärliche Informationen herausgibt. Wie reagieren Sie darauf?

Xavier Bettel: Die Krise, die wir aktuell erleben ist von einem Ausmaß, wie wir es noch nicht erlebt haben. In den ersten Tagen und Wochen lag die Priorität ganz klar beim Schutz der Bevölkerung und wir mussten binnen kürzester Zeit Entscheidungen treffen, Infrastrukturen aufbauen und völlig neue Entscheidungszentren schaffen. Die professionellen Medien haben ebenso mit völlig neuen Gegebenheiten umgehen müssen, und haben das - wie ich finde - auf beeindruckende Art und Weise bewerkstelligt. Wir waren von Anfang auch bemüht ,die Arbeit der Presse bestmöglich zu unterstützen. Es wurde von der Regierung nicht beschlossen, dass ein allgemeiner Zugang zu Strukturen nicht erlaubt sei. Krankenhäuser und Versorgungszentren werden zum Teil von öffentlichen und zum Teil von privaten Trägern geführt. Es liegt nicht im Ermessen der Regierung, den Zutritt zu erlauben oder zu untersagen. Allerdings haben wir strenge Regeln eingeführt, was den Zutritt zu Patienten betrifft und Ausnahmen sind nur mit dem Einverständnis der jeweiligen Direktion möglich. Dies sind Maßnahmen, die dem Schutz vor Infektionen dienen.

Luxemburger Wort: Warum werden die Namen der Personen, die in den Task Forces vertreten sind, nicht preisgegeben? Beispiel Task-Force-Exit-Strategie: Nach welchen Kriterien werden die Personen ausgewählt? Sitzen dort auch Vertreter der Big 4, zum Beispiel McKinsey, die Sie im Zusammenhang mit der Budgetaufstellung beauftragt haben?

Xavier Bettel: Jede Veröffentlichung, die personenbezogen ist, muss im Einklang mit Datenschutzregeln sein. Der Datenschutz ist nicht durch die Krise außer Kraft gesetzt. Die Strategie bezüglich eines langsamen berganges in einen Alltag, der näher an der Normalität ist, also, der sogenannte „Exit“, ist auf mehreren Ebenen diskutiert worden. Zum einen sind die nationalen Forschungsinstitute daran beteiligt, zum anderen wurde aber auch auf interministerieller Ebene, unter Führung des Staats- und des Gesundheitsministeriums, diskutiert. Jedes einzelne Ministerium wurde in diesen Prozess mit einbezogen.

Luxemburger Wort: Abgesehen von vier Namen weiß die Öffentlichkeit nicht, wer im Krisenstab vertreten ist. Warum ist es nicht möglich, mit dezentralen Gesprächspartnern Kontakt aufzunehmen, wenn man über einen Teilaspekt der Krise berichten möchte? Werden Sie das ändern?

Xavier Bettel: Es gibt Verantwortliche für die„Cellule de crise“, und dies ist in der Hauptsache das Gesundheitsministerium und das Staatsministerium - also Frau Lenert und ich selbst. Ich denke nicht, dass manbehaupten kann, dass wir uns in diesen Zeiten vor der Presse wegducken würden.

Luxemburger Wort: Sie haben die Etappen der Lockerung mitgeteilt, nicht aber, auf welcher Datengrundlage die Regierung ihre Entscheidungen getroffen hat. Warum werden die epidemiologischen und andere Daten nicht zugänglich gemacht? Ist vorgesehen, der Presse Zugang zu diesen Daten zu geben?

Xavier Bettel: Die Daten werden laufend ergänzt und auch veröffentlicht.

Luxemburger Wort: Wir befinden uns in einer Phase des Déconfinement. Ist vorgesehen, die Pressekonferenzen wieder in Präsenz der Journalisten abzuhalten, dies unter den vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen?

Xavier Bettel: Dies sind wir gerade dabei zu analysieren. Ich gehe nicht davonaus, dass dies in den nächsten Tagen möglich sein wird.

Luxemburger Wort: Aus den Statistiken zu den Infektionen und Todesfällen gehen viele Informationen nicht hervor, zum Beispiel über das Profil der Betroffenen. Doch ohne vollständige Informationen kann die Öffentlichkeit die Dinge nicht kritisch hinterfragen. Wird die Regierung künftig präzisere Zahlen herausgeben?

Xavier Bettel: Die Kompilierung der Statistiken ist "work in progress". Die Regierung gibt regelmäßig Informationen zum Durchschnittsalter der Verstorbenen und Infizierten, und die öffentlich zugänglichen Informationen werden laufend erweitert. Dabei ist zu beachten, dass sämtliche Veröffentlichungen im Einklang mit den Datenschutzregelungen sein müssen. 

Zum letzten Mal aktualisiert am